Nach dem eher durchzogenen Sommer sehnen wir uns alle nach einem goldenen Herbst. Es soll eine Zeit sein, in der wir nochmals Sonne tanken und die vielen Farben und die Früchte der Erde geniessen dürfen; eine Zeit, die uns mit den Worten des Sonnengesangs des heiligen Franz von Assisi sagen lässt: «Gelobt seist Du, Gott, für Mutter Erde, für Wasser, Sonnenschein, Feuer und Wind und für alle Geschöpfe.»
Doch wenn wir die letzten Monate zurückblicken, dann sehen wir in vielen Teilen der Welt eine andere Wirklichkeit. Wohin wir auch blicken, haben wir eine Anti-Fassung des wunderbaren Sonnengesangs des heiligen Franz erfahren. Da kamen Hagelstürme und zerstörerische Wasserfluten statt der «demütigen, kostbaren und keuschen Schwester Wasser». Da gab es fürchterliche Hitzewellen statt einer Sonne, «die Glanz und Sinnbild ist des Höchsten». Da brannte das Feuer ganze Landstriche nieder statt mit seinem Licht und seiner Wärme ein Bruder zu sein, «der die Nacht erhellt, kraftvoll ist und stark». Und «unsere Schwester, Mutter Erde, die uns ernährt und lenkt und vielfältige Früchte hervorbringt» wird weltweit schonungslos ausgebeutet, bedroht und vergiftet. Die Sorge darum zeigte sich auch in der Schweiz in den beiden Agrarinitiativen, über die wir im Juni abstimmten, und den wiederholten Klima-Demos. Könnte da Franz von Assisi immer noch «Gelobt seist Du», «Laudato si» singen?
Laudato si
Im Jahr 2015 hat Papst Franziskus in seiner Enzyklika
«Laudato si» die grosse Sorge um den Zustand von Gottes Schöpfung ausgedrückt. Darin zitiert er den Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus, der mit unmissverständlichen Worten sagt: «Dass Menschen die biologische Vielfalt in der göttlichen Schöpfung zerstören; dass Menschen die Unversehrtheit der Erde zerstören, indem sie Klimawandel verursachen, indem sie die Erde von ihren natürlichen Wäldern entblössen oder ihre Feuchtgebiete zerstören; dass Menschen anderen Menschen Schaden zufügen und sie krankmachen, indem sie die Gewässer der Erde, ihren Boden und ihre Luft mit giftigen Substanzen verschmutzen – all das sind Sünden.» Denn «ein Verbrechen gegen die Natur zu begehen, ist eine Sünde gegen uns selbst und eine Sünde gegen Gott.» («Laudato Si» 8)
Schönheit, Zerstörung, Umkehr
Es gibt sie Gott sei Dank, diese Orte und Momente, in denen wir die Schönheit der Schöpfung sehen, erkennen und besingen. Besonders in der Schweiz sind wir diesbezüglich privilegiert. Aber im Blick auf die weltweiten Zeichen von Extremwetter, von Ausbeutung und Zerstörung, kommen wir um eine persönliche und gesellschaftliche Umkehr nicht herum. Wir können uns noch ewig streiten, ob der Klimawandel menschengemacht ist oder nicht. Aber ich werde den Verdacht nicht los, dass wir uns mit diesen ewigen Grundsatzdiskussionen nur den Aufruf nach Umkehr und der Änderungen unseres Lebenswandels vom Leibe halten – und es dabei verpassen, unsere Verantwortung für die Schöpfung Gottes wahrzunehmen und etwas gegen die fortschreitende Zerstörung zu tun. Es ist zugegebenermassen nicht einfach und angenehm, sich diesen Fragen zu stellen und seine Lebensweise zu ändern. Aber wenn wir wie der Hl. Franz diese Hymne an die wunderbare Schöpfung, unsere aller Heimat heute singen, dann können wir doch gar nicht anders, als alles daran zu setzen, dass dieser Sonnengesang auch in Zukunft gesungen werden kann, von allen Menschen, in der ganzen Welt.
Lukas Briellmann
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