Buchrain Perlen
Ebikon
Root

Vom Aufgang der Sonne (Psalm 113, Kirchengesangsbuch Nr. 676). Möseler Verlag, Wolfenbüttel (MS). Friedrich Reinhardt Verlag, Basel 2010.

Abnehmendes Licht –
zunehmendes Licht

Am Donnerstag, 20. Juni, um 22.50 Uhr erreicht die Sonne ihren höchsten Punkt am Himmel – genau senkrecht über dem nördlichen Wendekreis. Die Tage sind nie länger als bei der Sommersonnenwende. Spasseshalber sage ich dann manchmal: «Nun geht es wieder dem Winter zu, die Nächte werden länger». Meistens wird das mit einem Lächeln elegant überhört.

Im Alltag hat die Sommersonnenwende schon immer eine grosse Rolle gespielt. Menschen vollziehen Rituale an besonderen Orten. Stonehenge, das Megalith-Monument im englischen Wiltshire, über 3000 Jahre alt, ist ein berühmtes Beispiel dafür.

Heutzutage erleben Rituale zur Sommersonnenwende einen Boom. Die Menschen sehnen sich nach Licht und Wärme. Sie möchten sich – gerade in unruhigen Zeiten – einfügen in ein grösseres harmonisches Ganzes und suchen Orientierung.

Das Christentum hat die Sommer- und die Wintersonnenwende in besonderer Weise integriert. Die Sonnenwende im Dezember hat es mit Weihnachten, der Geburt von Jesus Christus, verbunden. Historisch lässt sich das Datum seiner Geburt nicht bestimmen. Die Botschaft hinter dieser bewussten Verbindung: Christus kann die längsten und dunkelsten Nächte heller und wärmer machen. Jesus sagt über sich: «Ich bin das Licht der Welt» (Johannes 8,12). An ihm dürfen wir uns orientieren.

Auf die Sonnenwende im Juni fällt somit der Geburtstag von Johannes dem Täufer. Denn bei der Verkündigung von Jesu Geburt teilt der Engel Maria mit, dass Elisabeth, die Mutter von Johannes, bereits im 6. Monat schwanger sei (Lukas 1,36). Die Sommersonnenwende passt auch theologisch: Johannes ist der Vorläufer von Jesus und verkündet über ihn: «Er muss wachsen, ich aber geringer werden» (Johannes 3,30).

Abnehmendes Licht, zunehmendes Licht. Natur, Gott, Mensch, Kultur und Spiritualität verbinden sich, weil letztlich alles zusammengehört.

Mögen Sie das Licht und die Wärme des Sommers in sich aufnehmen. Und in den dunklen Tagen des menschlichen Alltags mögen Sie Christus spüren. Dieses Licht leuchtet immer und überall. Für Sie, Ihre Angehörigen und die ganze Welt.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer – auch wenn die Tage nach dem 20. Juni wieder kürzer werden…

Andres Lienhard,
Pfarreiseelsorger Ebikon