«So geht’s nicht», sagt mir der Mann im mittleren Alter. Er trifft mit Verspätung zu einer Besprechung ein und ist nervös. Ich lasse etwas Zeit verstreichen und mache mich gefasst auf empörte Äusserungen zur Weltpolitik, zum Klima, zur Wirtschaft. Oder geht’s um die Kirche, um den Glauben?
Unser eigentliches Gesprächsthema muss warten, der Mann ist derart aufgebracht. Dann frage ich ihn: «Was geht so nicht weiter?» «Ich rege mich über mich selbst auf», sagt er. Zuhause habe es Streit mit seiner Frau gegeben, er habe Dinge gesagt, die er bereue. Wegen ihm sei das Ganze eskaliert. Das sei nicht das erste Mal gewesen. Er habe sich in solchen Situationen einfach nicht im Griff. Dann schweigt er.
Ich bin im Moment ebenfalls sprachlos. Nicht wegen des Streits. Den kann es in jeder Beziehung geben. Sondern weil der Mann die Verantwortung bei sich sieht. Schuld nicht einfach abschiebt. Ehrlich ist. Das beindruckt mich.
«So geht’s nicht»
Wir befinden uns in der Fastenzeit. Wir kennen die Redewendung «Asche auf mein Haupt». Am Aschermittwoch und bei uns am 1. Fastensonntag wurde in den Gottesdiensten etwas gesegnete Asche auf den Kopf gestreut.
Die Redewendung hat ihren Ursprung in der Bibel, im Alten Testament: Der Prophet Jona als Beispiel hat von Gott einen Auftrag erhalten. Er soll der Stadt Ninive ihre Zerstörung ankündigen. Die Verhältnisse in Ninive waren überhaupt nicht gerecht und menschenfreundlich.
Jona tut wie geheissen und ruft: «Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört!» Überraschendes geschieht: Die Leute von Ninive glauben Gott. Als die Nachricht davon den König von Ninive erreicht, legt er seinen Königsmantel ab und setzt sich in die Asche. Er lässt ausrufen: «Alle Menschen und Tiere sollen nichts essen, nicht weiden und kein Wasser trinken. Jeder soll umkehren von seinem bösen Weg und von der Gewalt, die an seinen Händen klebt.» (Buch Jona 3,5-8). Und dann: «Gott sah ihr Verhalten. Er sah, dass sie umkehrten und sich von ihren bösen Taten abwandten. Da reute Gott das Unheil, das er ihnen angedroht hatte. Und er tat es nicht.» (Jona 3,10).
Gott selbst ändert seine ursprüngliche Absicht. Das Leben der Menschen geht über Pläne und Konzepte. Was für ein Gott!
Liebe ermöglicht Veränderungen
Fastenzeit. «Asche auf mein Haupt.» Oder im Sinne des erwähnten Mannes: Ich sehe und akzeptiere meine Foto: iStock Verantwortung. In aller Ehrlichkeit. Und ich bin bereit zu ändern, was geändert werden muss.
Mut dazu macht Jesus. Sein und unser Gott. Denn was zur Zeit von Ninive gegolten hat, gilt heute genauso: Wir haben einen menschenfreundlichen Gott. Einen Gott, der liebt.
Wer geliebt ist, muss sich nicht fürchten
Wer andere liebt, schafft Raum für Neues. Nur aufgrund von Liebe riskiert ein Mensch tatsächlich Veränderungen. Sie, ich, wir alle sind von Gott geliebt.
Das ist eine Grundbotschaft von Jesus. In dieser Zuversicht dürfen wir unser Leben wagen mit all seinen Irrungen und Wirrungen.
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